Leser/in Beate Siering-Oster und Dr. rer. nat. Ulrich Oster aus Olfen zur Stellungnahme von Bürgermeister Sendermann vom 25.04.2022 auf den Leserbrief von Herrn Frank Ulrich Dyllus vom 19.04.2022
Schlechter politischer Stil ist es, wenn der Bürgermeister einen Kritiker seines Lieblingsprojekts, Herrn Dyllus, öffentlich in der Presse als uninformiert, sozusagen begriffsstutzig diffamiert.
Unredlich ist es, wenn Bürgermeister Sendermann Olfener Bürger/Innen und Mitglieder der Redaktion der RN, die ihm behilflich sind, seine Projekte in der Öffentlichkeit zu verbreiten und anzupreisen, gegen besseres Wissen im Glauben lässt, dass die Stadt Olfen das gesamte Waldgebiet Rönhagener Heide erworben hat. Bekräftigt wird diese Irreführung noch dadurch, dass Herr Sendermann wissentlich mitten auf unserem Grundstück stehend den Redakteuren gegenüber sagt. „Hier haben wir nichts gemacht.“, so als hätte er Veranlassung und Berechtigung womöglich mit städtischem Bauhof auf unserem Privatgrundstück in irgendeiner Form einzugreifen, es aber aus ökologischer Weitsicht unterlassen hat. Er stellt unser Waldgrundstück als ein Stück erstrebenswerte Natur vor (nachzulesen auf RN+ Thema „Neue Stever“ 18.01.2022, 25.12.2021, umfangreich bebildert ausschließlich mit Aufnahmen unseres Waldes), und behauptet, dass die dortigen Mulden sich im Herbst mit Wasser füllen. Als Eigentümer wissen wir, dass diese Behauptung falsch ist.
Tatsache ist, dass dieses ca. 7ha große Waldstück im Olfener Westen zwischen Altem Postweg und Eversumer Straße seit ca. 24 Jahren in unserem privaten Besitz ist und wir es bewusst auf eine zurückhaltende, in keiner Hinsicht auf wirtschaftlich/finanzielle Interessen ausgerichtete Art und Weise entwickeln. Um Artenvielfalt zu fördern, alte Baumbestände zu schützen, nehmen wir „minimalinvasiv“ in Eigenarbeit fast ausschließlich Eingriffe vor, die der Verkehrssicherheit der uns jederzeit willkommenen erholungssuchenden und naturliebenden Menschen dienen.
Seit Jahren beobachten wir die zunehmende Trockenheit im Wald: den um mindestens 90 cm gesunkenen Wasserspiegel unseres kleinen Sees, das gänzliche, nachhaltige Trockenfallen der in manchen Karten noch eingezeichneten Biotope im westlich angrenzenden Wald. In der tiefen Mulde, die sich im Herbst angeblich füllt, ist die ehemals durchgängige Wasseroberfläche von ca 300 qm bis auf eine winzige Widschweinsuhle von einem Quadratmeter geschrumpft. Einerseits sollen im städtischen angrenzenden Wald Gräben zugeschüttet werden, um den Wald zu vernässen, andererseits soll im Acker in unmittelbarem Kontakt mit unserem Wald ein tiefer, drainierender Einschnitt für die Neue Stever entstehen.
Neue Stever Station (km) | Sohlhöhe [mNHN] | rechtes Ufer [mNHN] | linkes Ufer [mNHN] | minimaler Grabentiefe [m] |
2+005 | 42,44 | 44,87 | 44,81 | 2,37 |
1+605 | 42,28 | 45,79 | 45,46 | 3,18 |
Wie passt das zusammen? Herr Sendermann gibt vor, dass die Neue Stever über den Acker lediglich „ganz flach geführt“ wird. Angesichts der Tiefe des Einschnitts von ca. 2,5m (Durchlass Rönhagen) zunehmend auf gut 4m an der Grundstücksspitze bei einer anwachsenden Breite von ca. 23m auf 35m scheint flach hier ein sehr relativer Begriff zu sein und wieder einmal in die Verschleierungstaktik der wahren Ausmaße des Projektes zu passen
Im Wasserwirtschaftl Erläuterungsbericht des Planfeststellungsbeschlusses ist nachzulesen, dass die Grundwasserberechnungen/-modelle auf Grundwassermessreihen von 1990 bis 2008 beruhen, zur Kalibrierung wurden als trockene Verhältnisse der Dezember 1992 und als nasse Verhältnisse der April 1994 herangezogen (Wasserwirtschaftlicher Erläuterungsbericht ProAqua S.74/75). Außerdem bescheinigt der Bericht Grundwasserabsenkungen bis zu 2m (S.82).
Inzwischen gab es die 6 heißesten aufeinanderfolgenden Jahre. Ist das nicht Grund genug, die vorliegenden Ergebnisse noch einmal zu überprüfen? Sozusagen eine aktuelle Einschätzung für diesen dramatischen Eingriff in die Landschaft einzuholen?
Die Aussage von Herrn Sendermann, dass „die Fachleute“ einem doch klar sagen, dass das Grundwasser sich nicht wesentlich absenken wird, entspricht nicht den Tatsachen. Fachleute, sprich Wissenschaftler müssen in ihren Untersuchungen geänderte Parameter ( hier Klimaveränderungen ) berücksichtigen. Auch aus diesem Grunde werden Planfeststellungsbeschlüsse gesetzlich auf die Gültigkeitsdauer von 5 Jahren begrenzt.
Hier steht nun Landrat Schulze Pellengahr in der Verantwortung, den ohne Ratsbeschluss im „Alleingang“ (?!) von Herrn Sendermann gestellten Verlängerungsantrag unter den gegebenen Umständen zu prüfen.
Wie lassen sich erworbene Ökopunkte u.U. zurückrechnen, wenn man nach Jahren feststellen muss, dass doch der Schaden größer ist als der Nutzen? Es geht um den Erhalt von über hundert- bis zweihundertjährigen Eichen, Roteichen, Buchen und Lärchen, deren „Ausgleich“ weder vorgesehen noch möglich ist, die langsam vor sich hin sterben werden. Auch wenn es sich bei diesen ca. 7 ha Wald um Privatbesitz handelt, so ist doch der ökologische Nutzen (CO2-Bindung, weitere klimatisierende Einflüsse wie Kühlung und Produktion von Sauerstoff…..) Allgemeingut, das für alle da ist.
Wenn die Gelsenwasser AG angeblich 2,1 Mio für eine Fischtreppe ortsnah im Bereich des von ihr verursachten Problems der Stauseen investieren will, sollte sie es doch genau dort tun und nicht auf Olfener Gebiet zu einem derartig komplexen, aufwändigen und deshalb (für Generationen!) risikobehafteten Projekt beitragen.
Auf Basis dieses Leserbriefes wurde in den Ruhrnachrichten der Artikel "Neue Stever bereitet Waldbesitzer Sorge: „Wird ein erbärmliches Sterben“" und die Meinung "Kritik an Neuer Stever: Alte Daten schaffen kein Vertrauen" veröffentlicht.