Die Finanzierung der Neuen Stever ist nach wie vor ungeklärt. Am 26.04.2022 berichteten die Ruhrnachrichten, dass die Firma Gelsenwasser sich mit einem Millionenbetrag beteiligen möchte.
Am 01.05.2022 korrigierte Bürgermeister Sendermann die aufgestellte Rechnung im o.g. Ruhrnachrichtenartikel.
Hier soll nun aus den bisher bekannten Zahlen eine Berechnung angestellt werden, wie teuer die Neue Stever werden darf, damit es „den Bürger nichts kostet“ und Herr Sendermann seine Zustimmung gibt.
Annahmen
Da die Stadt keine detaillierten Angaben macht, müssen hier für eine Berechnung einige Annahmen gemacht werden:
- Wir nehmen an dass, wie von Herrn Sendermann angekündigt, das Landes NRW die Neue Stever mit 80% fördert.
- Wie nehmen an, dass die Gelsenwasser AG sich mit 2,1 Mio. € an den Baukosten beteiligt.
- Die Ökowerteinheiten (Ökopunkte) können wie in der Bürgerversammlung dargestellt zu einem Preis von 2,38 € pro Stück verkauft werden.
Mit diesen Angaben ergibt sich folgende Kostenverteilung:
Auf der X-Achse sind die gesamten Baukosten aufgeführt, auf der Y-Achse die Kosten, die zwischen der Stadt Olfen und dem Land NRW aufgeteilt werden. Die rote Linie zeigt einen eventuellen Überschuss der Stadt Olfen.
Nach dieser Berechnung darf die Neue Stever maximal 10.116.411,20 € kosten (hier ist die rote Linie bei 0 €) bevor sich die Stadt Olfen mit mehr Geld beteiligen muss, als durch den Verkauf der Ökowerteinheiten zu erwarten ist.
Was soll die Neue Stever kosten?
Aktuell gibt es lediglich die Kostenaufstellung in der aktualisierten Version des Planfeststellungsverfahren vom 24.04.2014. Hier werdem 2014 Baukosten in Höhe von 7.451.553,90 € ausgewiesen.
Seit 2014 sind die Preise gestiegen, die Inflationsraten gibt diese Tabelle wieder:
Jahr | Preissteigerung zu Vorjahr | Quelle |
2015 | 0,50 % | Statistisches Bundesamt |
2016 | 1,50 % | Statistisches Bundesamt |
2017 | 1,50 % | Statistisches Bundesamt |
2018 | 1,80 % | Statistisches Bundesamt |
2019 | 1,40 % | Statistisches Bundesamt |
2020 | 0,50 % | Statistisches Bundesamt |
2021 | 3,10 % | Statistisches Bundesamt |
2022* | 6,10 % | Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung |
gesamt | 17,50 % | |
* Schätzung |
Aus der Inflationsrate ergeben sich 2022 Baukosten in Höhe von 8.755.296,08 €.
Probleme mit den Annahmen und den Baukosten
NRW fördert mit 80%
Bislang gibt es keine Förderzusage des Landes NRW, der Förderantrag scheint von der Stadt Olfen noch nicht gestellt worden zu sein.
Deshalb ist nicht sicher, ob wirklich mit einer so hohen Förderung gerechnet werden kann. Es kann durchaus passieren, dass das Land weniger als 80% fördert. Damit würde sich der Maximalpreis für die Neue Stever verringern.
Gelsenwasser beteiligt sich mit 2,1 Mio €
Diese Beteiligungshöhe wurde von den Ruhrnachrichten gemeldet. Da von den Ruhrnachrichten auch schon über eine Beteiligung von 5 bis 8 Mio € berichtet wurde, kann eine Beteiligung von 2,1 Mio € nicht als sicher angenommen werden.
Ökowerteinheiten können verkauft werden
Die Stadt Olfen kann zwar mit 673.648 Ökopunkten rechnen, allerdings erlaubt ein Grundsatzbeschluss vom 02.03.2005 des Kreistages des Kreis Coesfeld nur den unmittelbaren Verkauf von Ökopunkten, die nicht durch Eigen-, Landes- oder Kreismittel erworben wurden. Da die Neue Stever fast komplett gefördert werden soll, wird die Anzahl von direkt verkäuflichen Ökowerteinheiten gering sein.
Die restlichen Ökowerteinheiten können nur als Kompensation für eigene Bauvorhaben, z.B. neue Baugebiete oder Gewerbegebiete genutzt werden. Bis diese neuen Gebiete realisiert werden, haben die Ökowerteinheiten keinen wirklichen Wert.
Der Geldwert einer Ökowerteinheit ist ebenfalls nicht festgeschrieben. Je nach Nachfrage können die kommunizierten 2,38 € erreicht werden, oder auch nicht.
Baukosten
Wie sich die Baukosten seit 2014 wirklich entwickelt haben ist nur sehr schwer abzuschätzen.
Mindestens seit dem 4. Quartal 2021 sind die Energiepreise (Gas und Öl) extrem gestiegen, in der Baubranche haben sich die Materialkosten deutlich erhöht.
Abgesehen davon fehlen in der Kostenaufstellung des Planfeststellungsverfahrens mindestens folgende Positionen:
- Ankauf der Flächen, die sich noch nicht im Besitzt der Stadt Olfen befinden
- Verlegung der Stomleitungen (siehe Kapitel 2.2.4.1 WaWi-Bericht)
- Verlegung der Gasleitungen (siehe Kapitel 2.2.4.2 WaWi-Bericht)
- Verlegung der Wasserleitungen (siehe Kapitel 2.2.4.3 WaWi-Bericht)
- Verlegung der Abwasserleitungen (siehe Kapitel 2.2.4.4 WaWi-Bericht)
- Verlegung der Fernmeldeleitungen (inkl. der nicht aufgeführten Olfenkom Glasfaserleitung) (siehe Kapitel 2.2.4.5 WaWi-Bericht)
- Verlegung des Zauns des Naturfreibades (die Neue Stever verläuft laut Karte teilweise da, wo am Naturfreibad der Zaun steht)
- Umgestaltung des Einfahrtbereichs des Parkplatzes des Naturfreibades (laut Karte muss hier ein Stück zurück / umgebaut werden)
Deshalb ist davon auszugehen, dass die errechneten Baukosten 2022 in Höhe von 8.755.296,08 € nicht ausreichend sind und die tatsächlichen Baukosten deutlich höher ausfallen.
Fazit
Die Einnahmen sind unsicher und haben eine eher fallende Tendenz, die Baukosten steigen ganz sicher. Damit ist es sehr wahrscheinlich, dass die zu erwartenden Einnahmen nicht ausreichend sein werden und die Stadt Olfen – und damit die Bürger – Kosten für den Bau der Neuen Stever tragen werden müssen.
Berechnungen
Die Berechnungsgrundlagen für das oben gezeigte Diagramm und die Inflationsrate von 2014 bis 2022 sind in einem LibreOffice Calc Spreadsheet zusammengefasst und können dort überprüft werden.
Warum überhaupt so viel Geld ausgeben, wenn eine Fischtreppe nur
2,5 Mio kostet, wie Gelsenwasser selbst errechnet hat? Dann sollen
sie doch bauen, wozu sie als Verursacher nach dem Gesetz sowieso
verpflichtet sind.
Wetten, dass es nie eine Neue Stever geben wird. Wer setzt dagegen? Einsatz eine Flasche Olfener Schnaps.
Gerd Quadflieg